Immobilienwirtschaft im Gespräch: Nachbericht zum Immobilien-Fachseminar der Deutschen Immobilien-Akademie (DIA)
Wasserlagen als Wertsteigerungsfaktor, Praxiserfahrungen mit der Datenschutzgrundverordnung und die Reform des Mietspiegelrechts standen ebenso auf dem Programm des 52. Freiburger Immobilien-Fachseminars der DIA wie spezifische Probleme der Immobilienbewertung. Gut 180 Teilnehmer informierten sich – Corona-bedingt per Videokonferenz – über aktuelle Entwicklungen und Anwendungsmöglichkeiten in der Praxis.
Wasserlagen als Wertsteigerungsfaktor
„Wohnen mit Blick auf das Wasser ist bei Nutzern begehrt, das Angebot beschränkt. Entwicklungen an Wasserlagen weisen daher außergewöhnliche Wertentwicklungen auf“, erläuterte Professor Thomas Beyerle, Head of Group Research der Catella Gruppe. Erstaunlicherweise wiesen nicht nur die Lagen direkt am Wasser, sondern auch die Bestandsbauten im Umfeld der Neubauten messbare Wertsteigerungen auf. Waterfront-Entwicklungen umfassten ein komplexes Aufgabenfeld des Nutzungswandels, der Wieder- und Neubelebung, der Um- und Neugestaltung im Schnittfeld unterschiedlicher Interessen. Solche Umnutzungen erfolgten meist innerhalb langer Planungs- und Umsetzungszeiträumen. Die meisten Waterfront-Developments der vergangenen Jahre seien Umnutzung, Umstrukturierung und Neugestaltung von innenstadtnahen brachgefallenen Hafen- und Ufergebieten. Diese verwandelten sich in Folge einer Reorganisation und Verlagerung von Hafennutzungen in urbane Quartiere mit gemischten Nutzungen. Als Beispiele präsentierte Beyerle die Hamburger HafenCity, die Überseestadt in Bremen und den Kreativkai in Münster. Davon zu unterscheiden seien städtebauliche Neubauprojekte, welche entweder an renaturierten Wasserläufen lägen oder für die gänzlich neue Wasserflächen geschaffen würden wie bei der Aaseestadt in Münster oder dem Dortmunder Poenixsee. Mit deutlichem Abstand seien dann klassische, bisher unbebaute Wassergrundstücke zu finden. „Die Wahrscheinlichkeit, eine Baugenehmigung für ein Projekt in Wasserlage zu erhalten, wo bisher Grün und Vögel vorherrschten, ist äußerst gering“, so Beyerle.
Die Analyse von Waterfront-Objekten zeige, dass die Wertsteigerungen an Wasserlagen höher ausfielen als im Stadtgebiet und in innerstädtischen Wohnvierteln. Zudem toppe eine direkte Wasserlage Immobilien im Umfeld. „So verzeichneten die Bodenrichtwerte in der Bremer Überseestadt zwischen 2012 und 2019 in direkter Wasserlage eine Steigerung um 50 Prozent. Die Auswirkungen sind auch bei den Bürospitzenmieten spürbar: Zwischen 2016 und 2020 erhöhten diese sich um 9,4 Prozent, aber nur um 3,1 Prozent in der City“, stellte Beyerle fest. Auch beim Kunstsee-Projekt Phoenix See Dortmund seien die Bodenrichtwerte zwischen 2016 und 2021 in direkter Wasserlage um 35 Prozent gestiegen. Dabei gehöre die Nordseite des Sees aufgrund der Sonnenstrahlung heute mit einem Bodenrichtwert von 610 Euro pro Quadratmeter zu den teuersten Immobilienlagen der Stadt. Eine noch deutliche höhere Wertsteigerung verzeichneten Grundstücke in der Rummelsburger Bucht in Berlin, deren Bodenrichtwerte zwischen 2016 und 2020 bei direkter Wasserlage um 650 Prozent gestiegen seien. Zwar erfordere die Wasserlage häufig Mehrkosten von rund 20 Prozent bei der Gebäudetechnik, dennoch setze sich der Trend von Immobilienprojekten am Wasser auch zukünftig fort.
Erfahrungen mit der DSGVO in der Praxis
„Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gilt unmittelbar in jedem EU-Mitgliedsstaat. Sie vereinheitlicht EU-weit das Datenschutzniveau für natürliche Personen und sichert die gleichen Wettbewerbsbedingungen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten“, führte Rechtanwalt Sven Johns von der Berliner Kanzlei Mosler+Partner Rechtanwälte, aus. Ohne Rechtsgrundlage dürfe keine Datenverarbeitung vorgenommen werden. Von den 99 Artikeln der Verordnung seien die Artikel 1 bis 39 und 77 bis 84 für Immobilienunternehmen von besonderem Interesse. Im Rahmen der Datenerhebung bestünden strenge Informationspflichten, und zwar offline und online. Die Betroffenen besäßen umfangreiche Rechte im Hinblick auf Information, Auskünfte, Berichtigung, Löschung, Sperrung, Widerspruch und Datenübertragbarkeit.
Die Datensicherheit sei unter Berücksichtigung des Stands der Technik, der Implementierungskosten und der Art, des Umfangs, der Umstände und des Zwecks der Verarbeitung sowie der unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeiten und Schwere des Risikos für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen sicherzustellen. Hierfür müsse das Unternehmen geeignete technische und organisatorische Maßnahmen treffen, um ein dem Risiko angemessenes Schutzniveau zu gewährleisten. In Betrieben mit zehn und mehr mit der Datenverarbeitung beschäftigten Personen sei zudem ein Datenschutzbeauftragter zu bestellen. Die Bußgelder seien von zuvor maximal 300.000 auf 20 Millionen Euro oder bis zu vier Prozent des weltweit erzielten Jahresumsatzes erhöht worden. Damit habe sich der Respekt vor der Bußgeldandrohung, die Furcht vor Abmahnungen und Schadensersatzansprüchen von betroffenen Personen erhöht. So liefe gegen den Internetgiganten Google eine milliardenschwere Sammelklage wegen user-tracking in den USA. In Deutschland sei vor allem das Bußgeld von 14,5 Millionen Euro gegen ein deutsches Wohnungsunternehmen in die Schlagzeilen geraten.
Laut einer Umfrage des Verbands Bitkom im Herbst 2020 hätten erst 25 bis 30 Prozent der Unternehmen in Deutschland die DSGVO vollständig umgesetzt und auch Prüfprozesse für die Weiterentwicklung etabliert. „Als Privatmann ordnet jeder den Datenschutz als sehr wichtig ein, als Unternehmer empfindet die gleiche Person ihn dagegen als ein sehr schwierig umzusetzendes Thema“, so Johns. Als Grundsätze der DSGVO nannte er die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung, die Zweckbindung der Verarbeitung personenbezogener Daten, die Datenminimierung, die Datenrichtigkeit, die Speicherbegrenzung, die Integrität und Vertraulichkeit, die Rechenschaftspflicht und die Grundsätze des Privacy-by-default und Privacy-by-design.
Als Pflicht-Maßnahmen für Immobilienunternehmen nannte Johns unter anderem die Erstellung einer Datenschutzerklärung auf der Webseite, die Erarbeitung und Versendung von Informationsschreiben zum Datenschutz für die Kunden, die Erstellung eines Löschkonzepts für Kundendaten und die Sicherstellung der Umsetzung, die Dokumentation der technischen und organisatorische Maßnahmen, sowie mindestens einmal jährlich eine Schulung. „Die Anforderungen der DSGVO sind in den Immobilienfirmen umsetzbar, allerdings könnte die Bereitschaft zur Auseinandersetzung und Einbindung größer sein“, lauteten Johns Erfahrungen aus der Praxis. Das Bewusstsein für Datenschutzthemen sei bei den Kunden deutlich höher als bei den Unternehmen. Wesentliche Treiber für Bußgeldverfahren und Bekanntwerden von Verstößen seien die Beschwerden von Kunden.
Mietspiegelreform und Wertermittlung
„Die ortsübliche Vergleichsmiete spielt bei Mieterhöhungsverlangen eine zentrale Rolle. Eines ihrer Abbildungsinstrumente, der Mietspiegel, ist in jüngerer Zeit, auch in Form des qualifizierten Mietspiegels, in gerichtlichen Verfahren verstärkt in Frage gestellt worden“, stellte Stephan Zehnter, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Immobilienbewertung, Mieten und Pachten, fest. Der Streit habe sich häufig an der Frage entzündet, ob der Mietspiegel nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden sei. Mit dem Mietspiegelreformgesetz (MsRG) und der Mietspiegelverordnung (MsV), die als Referentenentwürfe vorlägen, wolle der Gesetzgeber die Rechtssicherheit qualifizierter Mietspiegel, ihre Bedeutung und ihre Akzeptanz bei Mietern und Vermietern von Wohnraum stärken. Die in der Gesetzesbegründung hervorgehobene Bedeutung einer guten Datengrundlage für die Erstellung qualifizierter Mietspiegel stimmte Zehnter ebenso zu wie der geplanten Einführung einer Auskunftspflicht für Vermieter und Mieter von Wohnraum sowie der erleichterten Nutzung von Behördendaten. Bedenken äußerte Zehnter dagegen im Hinblick auf die Absicht, die Grundsätze zur Erstellung qualifizierter Mietspiegel „auf das Wesentliche“ zu beschränken, diese durch die MsV vorzuschreiben und die wissenschaftliche Qualität auch dann zu vermuten, wenn die zuständigen Behörden und die Interessenvertreter der Vermieter und der Mieter den Mietspiegel als qualifiziert anerkannt hätten. Anwender sollten damit leichter als bisher erkennen können, ob ein als qualifiziert bezeichneter Mietspiegel tatsächlich wissenschaftlichen Grundsätzen entspreche. Hier seien Zweifel an der Qualität so erstellter Mietspiegel angebracht, formales Recht stehe hier über materiellem Recht.
Die ortsübliche Vergleichsmiete werde gemäß Paragraf 558 Absatz II des Bürgerlichen Gesetzbuchs gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten sechs Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 abgesehen, geändert worden seien. Ausgenommen sei zudem Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden sei.
In der Wertermittlung ergebe sich bei Anwendung des Ertragswertverfahrens der Rohertrag gemäß Paragraf 18 Absatz II Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) aus den bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung und zulässiger Nutzung marktüblich erzielbaren Erträgen. Fraglich sei, was bei der Vielzahl von Vertragstypen, Ausnahmeregelungen und kommunaler satzungsrechtlicher Eingriffe in den Wohnungsmarkt überhaupt noch als ortsüblich anzusetzen sei. Zu weiteren Problemen führe die starke Ausrichtung auf die Modellkonformität in den Wertermittlungsvorschriften, die mit der geplanten Reform der ImmoWertV, bei der das Bestreben nach schematisierter Massenbewertung die Oberhand gewinne, noch verstärkt werde. Die Beweislastumkehr zur fehlenden Wissenschaftlichkeit eines Mietspiegels verschärfe den Erklärungsnotstand für die mit Marktdaten agierenden Sachverständigen. Für diese gewinne daher die intensive Beobachtung und Bearbeitung der Märkte ihres eigenen Bewertungsraumes und die Untersuchung der Modelle von Mietspiegel, Liegenschaftszins und sonstiger für die Wertermittlung relevanter Daten an Bedeutung. In Gutachten gelte es, die eigene Vorgehensweisen und Methoden noch stärker als bisher fundiert und nachvollziehbar darzulegen.
Bodenwert bei Mietpreisbindungen - Modellansätze des Hamburger Gutachterausschusses
„Der Gutachterausschuss in Hamburg beschäftigt sich schon seit einigen Jahren mit der Frage, in welcher Höhe sich eine Mietpreisbindung beim Verkauf oder der Bestellung von Erbbaurechten städtischer Wohnbaugrundstücke auf den Bodenwert auswirkt“, erläuterte Volker Junge, Leiter der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Hamburg. Weitere Wertermittlungsanlässe stellten die Ablösung von Wiederkaufsrechten beziehungsweise der Verkauf von Erbbaugrundstücken gegen Mietbindungen sowie die Ermittlung von Verkehrswerten und Bodenwerten bei bestehenden Mietbindungen dar. Es gebe unterschiedliche Arten der Mietbindungen mit differenzierten Rechtsfolgen. Das Grundmodell des Hamburger Verfahrens gehe vom unbelasteten Bodenwert aus und berücksichtige die Mietbindung als besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale durch marktgerechte Abschläge. Diese ergäben sich durch die Summe der finanzmathematischen Vor- beziehungsweise Nachteile multipliziert mit einem Marktanpassungsfaktor, der die Marktreaktion auf „rechnerische“ Vor- oder Nachteile sowie bestimmte nicht monetär kalkulierbare Einflüsse berücksichtige. Gegebenenfalls seien Selbstnutzungsverbot, Vermietungsgebot, Umwandlungsverbot in Eigentumswohnungen, Belegungsbindung an Einkommensgrenzen, Belegungsbindung an bestimmte Bevölkerungsgruppen, Belegungsrechte und Veräußerungsverbote gesondert als weitere besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale zu berücksichtigen. Der unbelastete Bodenwert ergebe nach Abzug der besonderen objektspezifischen Grundstücksmerkmale, mit Ausnahme der Mietbindung, den mietbindungsfreien Bodenwert (normalerweise der Verkehrswert). Nach einem weiteren Abzug wegen eines Aufteilungs- beziehungsweise Selbstnutzungsverbot ergebe sich der Bodenwert für den Mietwohnungsbau. Von diesem erreiche das Modell über einen Abzug für die Mietpreisbindungen und für die Belegungsbindungen den (belasteten) Bodenwert für den sozialen Mietwohnungsbau. In Hamburg werde der Mietwohnungsbau regelmäßig durch ein Aufteilungsverbot gesichert. Der Abzug für ein unbefristetes Aufteilungs- beziehungsweise Selbstnutzungsverbot habe der Gutachterausschuss aus dem lageabhängigen Verhältnis zwischen dem Vergleichswert von Neubau-Eigentumswohnungen und dem Ertragswert des Mietwohnhaus-Neubaus in Hamburg ermittelt. Marktanpassungsfaktoren seien grundsätzlich aus Vergleichspreisen abzuleiten. Da diese in Hamburg nicht zur Verfügung gestanden hätten, habe der Gutachterausschuss eine sachverständige Schätzung entsprechend der vermuteten Einflussgröße der Bindungsdauer vorgenommen, die zwischen 0,3 für eine 20-jährige Bindungsdauer und 1,0 für eine Bindungsdauer ab 55 Jahren differiere.
Baulandmobilisierungsgesetz – Mobilisierung auch in der Immobilienbewertung?
„In Deutschlands Ballungsräumen hinkt das Angebot an Bauland für Wohnimmobilien der Nachfrage hinterher. In der Folge steigen Kaufpreis und Mieten seit Jahren“, berichtete Irmgard Schilling, öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Immobilienbewertung aus Mülheim an der Ruhr. Zur Aktivierung von Bauland und der Sicherung bezahlbaren Wohnens solle das Bauplanungsrecht mit dem Baulandmobilisierungsgesetz angepasst werden. Eine hohe Bedeutung komme den Begriffen „angespannter Wohnungsmarkt“ und „Allgemeinwohl“ zu. Wesentliche Änderungen des Baugesetzbuchs (BauGB) durch das Baulandmobilisierungsgesetz beträfen die Einführung eines neuen Bebauungsplantyps für den Wohnungsbau, die Erweiterung der Befreiungsmöglichkeiten und Erleichterungen für das Bauen im Innen- und Außenbereich sowie die Schaffung einer Grundlage für Konzepte der Innenentwicklung, insbesondere zur leichteren Anwendung von Baugeboten und die Erweiterung der Vorkaufsrechte der Gemeinden. Streit habe es vor allem um die Verschärfung des Baugebots und den Genehmigungsvorbehalt für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen gegeben. In der Baunutzungsverordnung (BauNVO) sehe das Gesetz die Einführung der neuen Baugebietskategorie „Dörfliches Wohngebiet“ vor. Die Obergrenzen, die bisher für Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung gegolten hätten, würden als Orientierungswerte ausgestalten, um mehr Flexibilität im Hinblick auf die Bebauungsdichte zu erreichen. Für Immobilienbewerter erschwerten die neu eingeführten Lagemerkmale, die zahlreichen Ausnahmetatbestände, die Ausweitung der Baugebote, die neuen sektoralen Bebauungspläne, das neu eingeführte Ersatzgeld, das als öffentliche Last auf dem Grundstück ruht und die zeitlichen Befristungen die Beurteilung des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs und die Vergleichbarkeit der Objekte.
Immobilienwirtschaftliche Forschung konkret
Im Anschluss präsentierten die wissenschaftlichen Leiter des Center for Real Estate Studies (CRES) Professor Heinz Rehkugler und Professor Marco Wölfle erste Zwischenergebnisse zweier Forschungsarbeiten, die im CRES erarbeitet werden. Beide Arbeiten sind durch den DIA-Alumni-Verein aif und den Forschungsverband für Immobilien-, Hypotheken- und Baurecht beauftragt.
Marktverhalten und Performance deutscher Wohnungsunternehmen
„Steigende Mieten in Großstädten finden in den öffentlichen Diskussionen schnell einen Schuldigen: Die privaten Anbieter des Mietwohnungsbestandes, vor allem in Form börsennotierter Wohnungsgesellschaften“, führte Professor Heinz Rehkugler aus, der die Arbeit gemeinsam mit Dr. Andreas Filser, eines ehemaligen Doktoranden am CRES, betreut. Die Diskussionen um die „Heuschrecken“ fänden schon länger statt, obwohl der Anteil „kapitalistischer“ Wohnungsunternehmen mit 16 Prozent am Gesamtbestand der Mietwohnungen überschaubar ausfalle. Ziel der Forschungsarbeit sei die empirische Messung von Performance und Verhalten von öffentlichen, genossenschaftlichen und privaten Wohnungsunternehmen. Erste Ergebnisse zeigten, dass börsennotierte Wohnungsunternehmen höhere Gewinne und Renditen als Genossenschaften und öffentliche Wohnungsunternehmen erwirtschaftet hätten. Allerdings stamme ein sehr großer Teil ihrer Gewinne aus unrealisierten Wertzuwächsen, sei also der unterschiedlichen Rechnungslegung von Handelsgesetzbuch (HGB) und den International Financial Reporting Standards (IFRS) geschuldet. Die Effizienz bei der Bewirtschaftung der Wohnungen hänge bei allen Unternehmen von der Größe des Wohnungsbestandes ab. Empirische Befunde sähen jedoch ab einer mittleren Vermögensgröße keinen nennenswerten Kostenvorteil bei der Hausbewirtschaftung mehr. Das höchste Mietniveau verzeichneten im Jahr 2019 kirchliche, private und Börsen-Unternehmen, die stärksten Steigerungen seit 2013 private Wohnungs- und Börsenunternehmen. Kommunale und kirchliche Unternehmen verfügten zudem über einen deutlich höheren Anteil an preisgebundenen Wohnungen. Die Finanzmarktsituation habe allen Unternehmen bei der Reduzierung ihres Kreditsatzes geholfen, allerdings zeigten sich die Auswirkungen aufgrund der Rechnungslegung bei Unternehmen, die nach IFRS bilanzierten, stärker.
Erfolgsfaktoren bei der Wohnungsvergabe
„In manchen Gebieten wurde zu wenig und vielleicht auch falsch gebaut“, stellte Professor Marco Wölfle fest. Angesichts der dadurch entstandenen Angebotsknappheit gehe die Forschungsarbeit im Rahmen einer Metaanalyse der Frage nach, nach welchen Kriterien die Vergabe der knappen Wohnungen vergeben würden. Die in bisherigen Studien erhobenen Wohnversorgungsindikatoren zeigten, dass in Haushalten mit Migrationshintergrund die durchschnittliche Anzahl der Personen pro Haushalt höher ausfiele als in Haushalten ohne Migrationshintergrund. Die durchschnittliche Bruttoquadratmetermiete und der Anteil der Bruttokaltmiete am Haushaltseinkommen weise dagegen keine großen Unterschiede auf. Untersuchungen des Antwortverhaltens von Vermietern wiesen Unterschiede je nach Kommunikationsform auf. Während bei Wohnungsbewerbungen per Mail 44 Prozent lediglich vermeintlich deutschen Mietinteressenten geantwortet hätten, sei es am Telefon in 79 Prozent der Fälle zu einer Gleichbehandlung gekommen. Ein höherer beruflicher Status reduziere Diskriminierungen, während ein höherer Ausländeranteil in der Wohngegend Diskriminierungen steigere. Die bisher einbezogenen Studien lägen allerdings alle im Zeitraum vor 2015. Zur Prüfung stünden zudem noch der Einfluss von Ethnie, Religion, Geschlecht, Familienstand, Berufssituation und der bisherigen Wohnsituation an.