49. Immobilien-Fachseminar - Immobilienwirtschaft im Gespräch

 

Immobilien - Dialog 2018
49. Freiburger Immobilien-Fachseminar der Deutschen Immobilien-Akademie (DIA) an der Universität Freiburg

 

Die Lage der deutschen Wirtschaft, die Situation auf dem deutschen Wohnimmobilienmarkt, Verhaltensökonomie und Wohnungspolitik standen ebenso auf dem Programm des 49. Freiburger Immobilien-Fachseminars der DIA wie das aktuelle Datenschutzrecht und spezifische Probleme der Immobilienbewertung. Gut 170 Teilnehmer diskutierten mit Experten Hintergründe und Lösungsmöglichkeiten für die Praxis.

 

Ideen für eine bessere Wohnungspolitik

„Die Mieten und Preise in den Großstädten steigen stetig und belasten zunehmend die privaten Haushalte. Ursächlich hierfür ist ein starker Zuzug in die Städte und eine zu geringe Bautätigkeit“, führte Dr. Ralph Henger, Senior Economist für Wohnungspolitik und Immobilienökonomik beim Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln, aus. Um den Markt wieder zu entspannen bedürfe es einer deutlichen Ausweitung der Bautätigkeit, etwa über Nachverdichtungen und die Erschließung neuer Stadtviertel. Die bisherigen Strategien, die vor allem auf die Mietpreisbremse und die Ausweitung des sozialen Wohnungsbaus setzten, seien dabei wenig hilfreich. Schließlich zeigten internationale Erfahrungen, dass eine scharfe Mietpreisregulierung vor allem zu einem Ausstieg der privaten Vermieter beitrage. Zielführender sei eine Erhöhung des Wohngelds, das ebenso wie die Grundsicherungsleistungen automatisch an die veränderte Kaufkraft und die steigenden Mieten anzupassen sei. Zudem solle der Kauf von Belegungsrechten im Bestand deutlich erweitert werden. Ein großes Potenzial für zusätzlichen Wohnraum bestehe in der besseren Nutzung des Bestands, etwa durch Dachaufstockungen, Untervermietungen oder durch die Schaffung von Einliegerwohnungen. Als weiteres Instrument nannte Henger die Unterstützung von Haushalten beim Umzug in kleinere Wohnungen. Vielfach, gerade auch in Nordrhein-Westfalen (NRW), seien wachsende und schrumpfende Städte nah beieinander. Durch eine bessere Verkehrsverbindung (ÖPNV) und durch eine Attraktivierung des Wohnumfelds in schrumpfenden Städten ließen sich Ausweichquartiere für zahlreiche Menschen schaffen.

 

Die Lage der deutschen Wirtschaft - Wachstum ohne Ende?

„Das Bruttoinlandsprodukt wächst in Deutschland seit 1850 mehr oder weniger stark, allerdings hat sich die Wachstumsrate deutlich verringert“, berichtete Professor Timo Wollmershäuser, stellvertretender Leiter des ifo Zentrums für Makroökonomik und Befragungen in München. In den 1970er Jahren hätte diese noch drei bis vier Prozent betragen, aktuell nur noch ein bis gut zwei Prozent. Hauptursache sei die Abschwächung des Produktivitätswachstums trotz fortgesetzter technologischer Innovationen. Zudem habe sich die Kapitalakkumulation in Deutschland aufgrund der internationalen Arbeitsteilung, der Globalisierung und der digitalen Revolution verringert. Hinzu komme der demografische Wandel, der ab 2020 zu einem deutlichen Rückgang der Bevölkerung führe. Auf dem Arbeitsmarkt werde dieser Rückgang teilweise kompensiert durch eine steigende Partizipationsrate, insbesondere von Frauen, die von 60 Prozent in den 1970er Jahren auf aktuell 75 Prozent zuleget habe. Im Hinblick auf die geleisteten Arbeitsstunden sei Deutschland im europäischen Vergleich das Schlusslicht. Für das laufende Jahr rechne das Institut mit einem Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts um 2,6 Prozent und 2,1 Prozent im kommenden Jahr. Ein wichtiger Treiber der deutschen Konjunktur sei die Weltwirtschaft. Massive Einkommensteuersenkungen in den USA und ein starker Aufschwung im Euroraum beflügelten die Nachfrage nach deutschen Waren und Dienstleistungen. Allerdings drückten die Debatte über die Einführung beziehungsweise Anhebung von Zöllen im transatlantischen Handel und die Aufwertung des Euro auf die Stimmung der Unternehmer hierzulande. Vorübergehend stimulierend wirke jedoch die Wirtschaftspolitik der neuen Bundesregierung, da den Koalitionsvereinbarungen zufolge vor allem im kommenden Jahr staatliche Transferleistungen und Ausgabenprogramme ausgeweitet werden dürften. Gleichzeitig enttäusche der Koalitionsvertrag bei der Reform des Steuer- und Abgabensystems. Insbesondere bleibe er eine Antwort auf die deutliche Absenkung der Unternehmenssteuern in den USA, aber auch in Frankreich und in Großbritannien, schuldig.

 

Verhaltensökonomie in der Immobilienwirtschaft

„Nicht nur Käufer und Verkäufer handeln irrational, auch Sachverständige sind Menschen, die ebenso Denk- und Wahrnehmungsfehlern unterliegen, Informationen unrichtig interpretieren und falsche Schlüsse ziehen“, stellte Hauke Kruse, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Immobilienbewertung aus Hamburg, fest. Das Gehirn sei in der Praxis träge. Statt genau zu rechnen, würden Entscheidungen häufig auf Basis von einfachen Entscheidungsregeln vorgenommen. Verhaltensökonomie beschäftige sich mit menschlichem Verhalten in wirtschaftlichen Situationen. Ihre Erkenntnisse könnten beispielsweise helfen, objektspezifische Grundstücksmerkmale nachvollziehbar zu bewerten und darzustellen. Verhaltensökonomie werde im Bereich Grundstückswertermittlung immer dann bedeutsam, wenn Einflüsse von Entscheidungen unter Unsicherheit, bei denen der Käufer nicht über alle Informationen verfüge, einzuschätzen seien. Aus Sicht des Sachverständigen stelle sich dann nicht nur die Frage nach den objektiven Gegebenheiten, sondern wie ein Käufer darüber denke. Solche Fragestellungen ergäben sich insbesondere bei merkantilen Minderwerten, bei Lagebesonderheiten oder auch Baumängeln.

 

Datenschutzrecht aktuell

„Jede Person hat das Recht über die Preisgabe und die Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen“, erläuterte der Freiburger Rechtsanwalt Dr. Dominik Nikol. Die 2016 in Kraft getretene Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gelte ab 25. Mai 2018 unmittelbar in jedem EU-Mitgliedsstaat. Sie vereinheitliche EU-weit das Datenschutzniveau für natürliche Personen und sichere die gleichen Wettbewerbsbedingungen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten. Ohne Rechtsgrundlage dürfe keine Datenverarbeitung vorgenommen werden. Im Rahmen der Datenerhebung bestünden gemäß Artikel 13 strenge Informationspflichten und zwar offline und online. Die Betroffenen besäßen umfangreiche Rechte im Hinblick auf Information, Auskünfte, Berichtigung, Löschung, Sperrung, Widerspruch und Datenübertragbarkeit. In Betrieben mit zehn und mehr mit der Datenverarbeitung beschäftigten Personen sei zudem ein Datenschutzbeauftragter zu bestellen. Die Datensicherheit sei unter Berücksichtigung des Stands der Technik, der Implementierungskosten und der Art, des Umfangs, der Umstände und des Zwecks der Verarbeitung sowie der unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeiten und Schwere des Risikos für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen sicherzustellen. Hierfür müsse das Unternehmen geeignete technische und organisatorische Maßnahmen treffen, um ein dem Risiko angemessenes Schutzniveau zu gewährleisten. Die Bußgelder seien von bislang maximal 300.000 auf 20 Millionen Euro oder bis zu vier Prozent des weltweit erzielten Jahresumsatzes erhöht worden.

 

Aktuelle Preis- und Mietenentwicklung von Wohnimmobilien

„In Deutschland steigen nicht nur die Neuvertragsmieten, sondern auch die Mietspiegelmieten weiter an“, führte Dr. Volker Reimann von F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt, aus. Der deutsche Markt für Wohnimmobilien präsentiere sich nach wie vor äußerst heterogen. Durchschnittsdaten könnten daher immer nur Trends aufzeigen. So habe 2017 der durchschnittliche Kaufpreis für Eigentumswohnungen in München 5.800 Euro pro Quadratmeter betragen. Die Stadt stehe damit an der Spitze des F+B-Rankings. Die Spreizung der Preise im Stadtgebiet liege allerdings in einer Spanne von 2.700 bis 11.470 Euro pro Quadratmeter. Obwohl Hamburg mit einem Durchschnittspreis von 3.940 Euro pro Quadratmeter nur Rang neun besetze, lägen die Spitzenpreise hier mit 10.410 Euro pro Quadratmeter gar nicht so viel niedriger. Auch bei den Neuvermietungsmieten stehe München mit Marktmieten von durchschnittlich 13,20 Euro pro Quadratmeter für zehn Jahre alte, 75 Quadratmeter große Wohnungen unverändert an der Spitze. Die Mietspanne reiche jedoch von 8,20 bis 21,90 Euro pro Quadratmeter. Auch hier erreicht die Spitzenmiete in Hamburg mit 20,40 Euro pro Quadratmeter einen fast ähnlich hohe Wert, obwohl die Durchschnittsmiete bei 10,30 Euro pro Quadratmeter liege.

 

Wertermittlung von denkmalgeschützten Immobilien

„Die Wertermittlung von denkmalgeschützten Immobilien wird oftmals nicht marktgerecht durchgeführt, sei es aus Vereinfachungsgründe oder aus Unkenntnis“, so die Erfahrung von Andreas Jardin, Sachverständiger für Immobilienbewertung bei der Oberfinanzdirektion Rheinland. Baudenkmale seien grundsätzlich Kulturdenkmale, also von Menschenhand hergestellt und bestünden aus baulichen Anlagen oder Teilen baulicher Anlagen. Der Denkmalschutz gehöre aufgrund der Erhaltungspflicht, des Abbruchverbots, des Instandhaltungsgebots sowie des Wiederherstellungsgebots zu den stärksten Bindungen des Privateigentums. Der Denkmalschutz unterliege der Kulturhoheit der Länder. Dementsprechend gebe es kein bundeseinheitliches Denkmalschutzgesetz. An der Erhaltung eines Denkmals bestehe ein öffentliches Interesse. Der Denkmalschutz könne sich wertmindernd, werterhöhend oder gar nicht auf den Verkehrswert auswirken. Es gelte einerseits die Einschränkungen durch die Denkmaleigenschaft hinsichtlich der Nutzbarkeit und der Erhaltungspflicht sowie der Auflagen im Falle einer Sanierung zu berücksichtigen. Andererseits müssten insbesondere die steuerlichen Vorteile, die sonstigen Förderungen und der Ambiente-Gewinn eines Denkmals beachtet werden.

 

Instandhaltungsstau richtig kalkulieren

„Die DIN EN 13306:2018-02 unterteilt Instandhaltung in die beiden Kategorien vorbeugende Instandhaltung und korrektive Instandhaltung“, erläuterte Professor Josef Kraus, Lehrstuhl Facility Management an der Beuth Hochschule für Technik Berlin. Instandhaltung orientiere sich an den allgemein anerkannten Regeln der Technik, die gemäß der europäischen Norm EN 45020 als die „technischen Festlegungen, die von der Mehrheit repräsentativer Fachleute als Wiedergabe des Standes der Technik angesehen werden“ definiert seien. Zur Kalkulation von Instandhaltungskosten gebe es mehrere Methoden: die Schätzung der anfallenden Kosten, eine Berechnung nach der Formel von Peters, die Berechnung nach der II. Berechnungsverordnung oder das Differenz-Verfahren. Stelle der Gutachter bei der Verkehrswertermittlung einen Instandhaltungsstau fest, müsse er diesen als besonderes objektspezifisches Grundstücksmerkmal berücksichtigen. Im Rahmen von Praxisbeispielen zeigte Professor Kraus Besonderheiten von Gebäuden der 1960er und 1970er Jahre auf und legte dar, dass Sicherheitsmängel über einen Instandhaltungsstau hinaus gingen.

 

Bewertung bei weit zurückliegenden Stichtagen

„Die Bewertung bei geringer Datenlage ist die Königsdisziplin der Wertermittlung“, stellte Stephan Zehnter, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Immobilienbewertung in München, fest. Insbesondere in solchen Fällen sei der Sachverstand und die Erfahrung von Sachverständigen der Immobilienbewertung gefragt. Solche Bewertungssituationen träten häufig bei weit zurück liegenden Stichtagen oder auch in abgelegenen Regionen mit einer Bebauung im Außenbereich auf. Als Beispiel stellte Zehnter ein denkmalgeschütztes Einfamilienhaus mit einer Grundfläche von 260 Quadratmetern, Baujahr 1860 mit zahlreichen Mängeln vor, deren Sanierungskosten im Jahr 2012 bei 300.000 bis 350.000 Euro geschätzt worden seien. Zudem habe für das Sanierungsobjekt, in dem der Mieter nach der Sanierung beabsichtigt habe wieder einzuziehen, ein Mietvertrag mit einer monatlichen Miete von 327,64 Euro bestanden. Der Auftrag für den Sachverständigen habe darin bestanden, Marktmiete und Verkehrswert der unvermieteten Immobilie zum Stichtag 1.1.1990 und die ortsübliche Vergleichsmiete und Verkehrswert des vermieteten Objektes vor Sanierung zum Stichtag 1.1.2012 zu ermitteln. Verwertbare Vergleichswerte hätten nicht vorgelegen. Der Bundesgerichtshof habe in seinem Urteil (XII ZR 49/99) ausgeführt, dass in solchen Fällen „andere Erfahrungswerte heranzuziehen“ seien, insbesondere ein Gutachten eines erfahrenen, mit der konkreten Marktsituation vertrauten Sachverständigen. Im Gutachten gelte es, die allgemeine Marktsituation zum Stichtag, die Objektart und persönliche Erfahrung mit dieser Objektart, den Teilmarkt und seine Wirkungsweisen beziehungsweise Wechselwirkungen mit anderen Teilmärkten zu beschreiben und daraus nachvollziehbare Ausgangspunkte und Rückschlüsse darzulegen. Der Grundsatz laute, vom Bekannten auf das Unbekannte schließen.


Den Pressetext als Download finden Sie hier.

 

Ihr Ansprechpartner für die Presse:
Geschäftsführer Peter Graf
Deutsche Immobilien-Akademie (DIA)
an der Universität Freiburg
Eisenbahnstraße 56
79098 Freiburg

Tel.: 0761 - 20755-12

graf@dia.de
www.dia.de

 

Über die Deutsche Immobilien-Akademie (DIA)

Seit 1995 engagiert sich die DIA, eines der größten überregionalen Weiterbildungsinstitute für die Immobilien- und Finanzwirtschaft, mit steigendem Erfolg in der beruflichen Weiterbildung. Mehr als 1500 Teilnehmer pro Jahr absolvieren die unterschiedlichen Studiengänge. Seit 1997 besteht ein Kooperationsvertrag mit der Universität Freiburg. Träger der gemeinnützigen Gesellschaft sind die Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie (VWA) für den Regierungsbezirk Freiburg und der Immobilienverband Deutschland (IVD). Die DIA bietet ein vielfältiges Weiterbildungsangebot in den Bereichen Immobilienwirtschaft und Sachverständigenwesen - speziell für Berufstätige. Seit 2009 bietet die DIA in Kooperation mit der Steinbeis Hochschule Berlin auch Bachelor- und Masterstudiengänge im Bereich Real Estate an

 

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